Millionen Steaks landen jedes Jahr auf den Grills dieser Welt und mit ihnen viele Glaubenssätze, die längst überholt sind. Alte Grill-Regeln werden gerne unhinterfragt akzeptiert, obwohl neue Erkenntnisse deutlich näher an der Wahrheit liegen und unbestritten zu einem besseren Grill-Ergebnis führen. Wir decken für euch die wichtigsten drei Grill-Mythen auf – für weniger Halbwissen am Grill.

 

„Das ist mir zu blutig“

„Mein Rindersteak bitte nicht blutig“ ruft er gerne aus der Gästeschar in Richtung Grillmeister. Diese Aussage ist gleich doppelt problematisch. Zum einen legt dieser Satz die Vermutung nahe, dass hier ein komplett durchgegartes Steak gewünscht wird, was jedem Grillfan die Tränen in die Augen treibt. Viel wichtiger ist allerdings klarzustellen, dass ein Steak niemals „blutig“ ist. Selbst wenn sich beim Anschneiden eine rote Flüssigkeit auf dem Teller sammelt, hat das nichts mit Blut zu tun, sondern es handelt sich dabei um Fleischsaft.

Wie lässt sich am besten erklären, dass ein Steak niemals Blut enthält? Dazu muss man einfach einen Schlachtprozess genau betrachten. Nachdem ein Tier mit dem Bolzenschuss betäubt wurde, wird es durch einen Stich in die Halsschlagader und den daraus resultierenden Blutentzug getötet. In den darauf folgenden Minuten pumpt das noch schlagende Herz die gesamte Blutmenge aus dem Tier hinaus, sodass in den Muskeln kein Blut mehr enthalten ist. Das, was beim Metzger über die Theke geht, ist reines Muskel-Gewebe, das lediglich noch transparenten Zellsaft enthält. Dass dieser in seiner Optik Blut ähnelt, liegt daran, dass er Myoglobin enthält, das sich bei Sauerstoffkontakt rot verfärbt.

 

„Ein Steak niemals vorher salzen“

Über das Timing beim Salzen eines Steaks herrscht bis heute keine Einigkeit – und es gibt tatsächlich verschiedene Wege, die zu einem guten Ergebnis führen können. Definitiv falsch ist allerdings die grundsätzliche Aussage „ein Steak darf man auf keinen Fall vorher salzen“. Diese Annahme geht auf die hygroskopischen Eigenschaften von Salz zurück, was bedeutet, dass Salz Wasser anzieht und bindet. Diese Tatsache ist nicht zu bestreiten, allerdings hängt die Wirkung von Salz ganz essentiell vom Timing ab.

 


Wer sehr früh salzt, also 3-4 Stunden vor dem Grillen, kann sich diesen Effekt sogar zu Nutze machen. Dann zieht das Salz zunächst tatsächlich eine gewisse Menge an Wasser aus dem Fleisch, das sich als kleiner See auf dem Steak sammelt. In der Folgezeit kippt allerdings das Lösungsgefälle zwischen der salzigen Flüssigkeit auf dem Steak und dem Zellsaft im Inneren, sodass das Steak einen großen Teil des gesalzenen Wassers wieder aufnimmt – durch osmotische Prozesse. So wird das Steak vor dem Grillen quasi schon von innen gewürzt – von austrocknen kann nicht die Rede sein. Allerdings hat nicht jeder die Zeit, bereits so weit im Vorfeld sein Fleisch zu überwachen.

Variante zwei des Vorher-Salzens besteht darin, das Fleisch unmittelbar vor dem Hitzekontakt zu Salzen – das heißt wenige Sekunden vorher. So hat das Salz keine Chance seine wasserziehenden Eigenschaften zu entfalten und das Salz haftet in Form vieler kleiner Kristalle an der Außenseite des Fleischs. Der große Vorteil: Diese Kristalle werden in den darauf folgenden Minuten des Hitzekontakts in die Außenseite hineingegrillt, sodass sie zusätzlichen Crunch für die Kruste liefern. Sie perlen dadurch auch beim Aufrichten des Steaks nicht ab und das Steak ist auf dem Teller bereits perfekt gewürzt. Fleisch-Papst Lucki Maurer sagt: „Die Würze, die du vor dem Grillen nicht ans Fleisch gibst, bekommst du danach nie mehr dran.“

 

„Ein Steak muss vor dem Braten Zimmertemperatur haben“

Die Aussage, dass man sein Fleisch vor dem Grillen oder Braten mindestens drei Stunden bei Zimmertemperatur liegen lassen soll, hält sich hartnäckig. Sie gilt streng genommen allerdings nur für sehr dünne Steaks, die nicht indirekt nachgegart werden. Jedes „normale“ Steak, das zunächst scharf angegrillt und dann auf Kerntemperatur gezogen wird, profitiert massiv davon, wenn man es in sehr kaltem Zustand auf den Grill legt. Warum ist das so?

 


Das Ziel jedes Grillers muss sein, sein Steak möglichst so zu servieren, dass es eine dunkle Kruste, einen perfekten Gargrad und gleichzeitig nur wenig übergarten Rand aufweist. Der graue Rand an der Außenseite besteht aus vollständig denaturiertem Gewebe, das keinerlei Wasser mehr bindet und so auch keinen kulinarischen Wert mehr hat. Wer ihn besonders dünn hält, schafft maximalen Genuss. Der entscheidende Fehler: Je wärmer das Fleisch vor dem Grillen ist, desto größer wird dieser Rand.

Der Grund ist simpel: Beim scharfen Angrillen, um Röstaromen an der Außenseite zu erzeugen, dringt die Hitze natürlich auch ins Fleisch ein. Je wärmer das Fleisch ist, desto schneller erreichen neben dem Rand auch weiter innen gelegene Partien eine Temperatur, die über dem optimalen Gargrad liegt. Kurzum: Der übergarte Rand wird breiter. Wenn das Steak hingegen sehr kalt auf den Grill kommt, wirkt diese Temperatur als natürlicher Puffer, da es länger dauert, bis das Fleisch im Inneren Temperaturen über 60 Grad erreicht. Das schonende Nachgaren dauert dann zwar etwas länger, doch das Ergebnis wird perfekt. Fun Fact: Sogar ein gefrorenes Steak lässt sich direkt auf den Grill legen. Es taut anschließend bei indirekter Hitze auf, erreicht nach einiger Wartezeit dann den gewünschten Gargrad und liefert in Summe ein optimales Grill-Ergebnis mit minimalem grauen Rand.

 

 

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