Neben Wagyu und Dry Aged Beef zählen Alte Kühe zu den wichtigsten „Steak Trends“ der vergangenen Jahre. Obwohl Alte Kühe für einen Fleisch-Einsteiger auf den ersten Blick wenig attraktiv wirken, hat sich genau dieses Produkt zu einem echten Markt bei Steakfans entwickelt, denn die alte Kuh verspricht Fleisch-Aromen und ein Genuss-Erlebnis, das kaum ein klassisches Steak bieten kann. Grund genug, diesen Trend genauer unter die Lupe zu nehmen und auch zu hinterfragen. Wie bei jedem Hype, ist auch der Wirbel um alte Kühe mit Vorsicht zu genießen. Denn bei weitem nicht jede alte Kuh ist eine Delikatesse – ganz im Gegenteil.

 

Warum nicht jede Milchkuh eine Delikatesse wird

 

Wenn etwas eigentlich Alltägliches wie eine alte Milchkuh plötzlich zum großen Trend wird, lohnt es sich, zu differenzieren. Alte Kühe gibt es schon immer, denn gerade eine Milchkuh stirbt nun mal nicht einfach nach dem ersten Kalb. Im Gegenteil: Wirtschaftlich interessant wird sie erst durch ihre Eigenschaft als Mutter. So liefert eine alte Kuh viele männliche und weibliche Kälber und somit neues Milch- oder Fleischproduktionskapital für den Erzeuger. Wichtiger noch: Ihr Zustand als werdende und versorgende Mutter sorgt bei der Kuh für den Milcheinschuss, womit sie zum essenziell wichtigen Lieferanten der Milchwirtschaft wird.

 

Ein Großteil dieser Milchkühe ist nach der langen Zeit als Milchproduzentin ausgelaugt vom Melken und vom regelmäßigen Gebären. Das zeigt sich auch im Fleisch-Zustand. Die Muskeln sind stark kollagendurchzogen und nur schwach ausgeprägt, denn all die Energie aus dem Futter floss über Jahre hinweg in die Milchproduktion. Solche alten Milchkühe sind der Normalfall und eignen sich nicht für eine anschließende Verwertung als Edelsteak. Nun darf man sich fragen: Woher kommt dann der Hype um Steaks von alten Kühen? Dazu schauen wir nach Spanien – dort ist der Trend entstanden.

 


 

Alte Kühe: Eine spanische Tradition

Im Baskenland ist es Tradition, das Fleisch alter Milchkühe der großrahmigen Rasse Rubia Gallega zu gigantischen Steaks zu verarbeiten. Dazu werden allerdings nur die fettesten der fetten Kühe ausgewählt. Diesen Prozess hat ein Unternehmen namens „Txogitxu“ perfektioniert und daraus ein Geschäftsmodell gebaut, das auf der Selektion und Vermarktung alter Kühe basiert. Mittlerweile werden dafür Kühe in ganz Europa selektiert und zur Reifung nach Spanien transportiert. Denn: Es gibt einfach nur sehr wenige alte Tiere, die sich überhaupt zu Steaks veredeln lassen. Planen kann man eine delikate Alte Kuh nämlich nicht – man muss sie suchen, zum Beispiel an Schlachthöfen wo große Mengen an Tieren durchlaufen. Ab und an ist dann ein Glückstreffer dabei, der das Prädikat „Alte Kuh mit Steakpotential“ verdient.

 

Fett als entscheidender Faktor

Um kulinarisch überhaupt interessant zu werden, müssen verschiedene Faktoren erfüllt sein. Das Tier muss gut gebaut sein, viel Fleischmasse aufweisen und – das ist der wichtigste Faktor – viel Fett angesetzt haben. Grundsätzlich neigen alte Muttertiere zu Fetteinlagerungen, die sie als Energiereserven für die Entwicklung der Kälber anlegen, doch damit sie wirklich zur Delikatesse werden muss – wenn die Grundvoraussetzungen passen – fast zwangsläufig noch eine Mastphase folgen, die zusätzliche Fetteinlagerungen und eine solide Fettabdeckung schafft. Das kann über eine natürliche Anomalie passieren oder aber durch eine bewusste Fütterung vor der Schlachtung. Dieses Mästen wiederum kostet Zeit und Geld für gutes Futter. Doch erst dann bestehen Chancen, dass das feste Gewebe durch die feinen Fettfasern aufgebrochen wird und dadurch eine steaktaugliche Struktur erhält.

 

Einzigartiges Aroma

Diese delikaten alten Kühe sind ein Sonderfall – aber es gibt sie. Das Genusserlebnis, das sie liefern ist außergewöhnlich. Dazu muss man wissen, dass das Fleisch-Aroma eines Tiers mit zunehmendem Alter steigt. Als Alte Kuh gelten Tiere, die 10 Jahre und älter sind – dabei entsteht ein intensiver Geschmack, der nicht mit einem jungen Tier zu vergleichen ist. Reift man diese Steaks nun auch im Dry Aging Verfahren, dann potenzieren sich diese Aromen weiter und werden durch nussige Reifenoten ergänzt. Dieses Aromenspiel fasziniert Liebhaber solcher Steaks und macht die Spezialität „Alte Kuh“ besonders begehrt.

 

Man darf sich von diesen Steaks allerdings keine bedingungslose Zartheit erwarten, denn das gibt das Fleisch einer Kuh im betagten Alter nie her. Zwar lockert die Marmorierung die Fasern auf, doch der im Alter steigende Kollagengehalt (Bindegewebe) sorgt für einen kernigen Biss, der einfach zum Teil der Faszination dieser Steaks gehört.

 


 

 

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